Zum Tod von Martin Parr: Chronist des menschlichen Wirrungen

Zum Tod von Martin Parr: Chronist des menschlichen Wirrungen


Die Chancen standen nie schlecht, Martin Parr in seiner Stiftung anzutreffen, untergebracht in einer ehemaligen Industrieanlage in Bristol – mit einer Bibliothek und einem Raum für Ausstellungen, mit Platz für sein Archiv und einem klimatisierten Lager für seine enorme Sammlung vor allem britischer Dokumentarfotografie, mit einer gemütlichen Sitzecke und einer Küche samt einem Tisch, an dem mühelos ein Dutzend Personen sitzen können. Als Henri Cartier-Bresson sich angesichts seiner Aufnahmen entsetzt abwandte, konterte Parr mit dezentem Understatement: „Don’t blame the messager.“ Später freilich wurde er bei Magnum sogar Präsident – auch wenn es ihn für seine Arbeit, wie er sagte, eher in einen Supermarkt zog als in einen Krieg. Dabei ist es am wenigsten all der Müll und Plunder oder auch der protzende Reichtum, dem er beim Pferderennen in Ascot oder auf Luxusmessen in Dubai begegnet ist, über den man staunt und der zugleich die Bilder oft schwer erträglich macht – es sind vielmehr die Menschen, die den Eindruck vollkommener Zufriedenheit vermitteln und nicht eine Sekunde lang zu glauben scheinen, es stimme mit ihrer Situation etwas nicht.

Author: Freddy Langer


Published at: 2025-12-07 14:02:35

Still want to read the full version? Full article