Und Antonio Caldara, dessen „Ifigenia in Aulide“ die Innsbrucker Tage der Alten Musik, eine der internationalen Zentralen der Barockopernarchäologie, nach gut dreihundert Jahren des Atemschöpfens im Wiener Musikarchiv jetzt ausgegraben haben, war ein Meister der kurzen, aber giftigen emotionalen Anstiege, aller nur denkbaren musikalischen Gefühlskurven. Einem Herrscher, so singt es im Vestalinnenkleid Marie Lys, die später die opferbereite Ifigenia, die gute Tochter, sein wird, für den die Himmel kämpfen und der – wie sein später, aber durchaus proletarischerer amerikanischer Bruder im imperialen Geiste – sein globales Reich neuen goldenen Zeiten entgegenführen wird. Was daran liegt, dass Apostolo Zeno, der seinerzeit von Karl für sein musikdramatisches Allstarteam frisch verpflichtete Dramatiker, Historiker und Numismatiker, für sein Libretto die eher oratorisch angelegte euripideische Iphigenie, die erst sehr spät und eigentlich erst durch Caldara ihre Opernkarriere begann, mit ein paar amourösen Verwicklungen verziert hat.
Author: Elmar Krekeler
Published at: 2025-08-11 14:50:15
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