Ostmitteleuropa: Zwischen alten Imperien und neuer Eigenständigkeit

Ostmitteleuropa: Zwischen alten Imperien und neuer Eigenständigkeit


Nicht nach Višegrad an der Drina in Bosnien-Herzegowina und auch nicht nach der seit dem 10. Jahrhundert bestehenden Burg Vyšehrad im Süden Prags oberhalb der Moldau, sondern nach einer anderen Hohen Burg, dem castrum Visegrád, die seit Mitte des 13. Jahrhunderts nördlich von Budapest hoch über der Donau thront, ist der informelle Staatenbund benannt. Mehr als 650 Jahre später, am 15. Februar 1991, trafen sich die Präsidenten Polens und der Tschechoslowakei Lech Wałȩsa und Václav Havel mit dem ungarischen Ministerpräsidenten József Antall auf der Burg Visegrád an der Donau, um die neue geostrategische Lage nach dem Ende des Ostblocks gemeinsam zu besprechen, um das Gewicht ihrer Länder zu bündeln und ihre Aufnahme in EU und Nato zu planen. Und, dass sich eines dieser Länder ernsthaft wieder in den Dunstkreis eines russischen Reiches begeben möchte, ist kaum zu erwarten: zu gering die Anziehungskraft des autoritären Gesellschaftsmodells, zu brutal die Unterdrückung und Auslöschung Andersdenkender und renitenter Ethnien (Tataren, Tschetschenien), zu wenig charismatisch und attraktiv die alten, schlecht gelaunten Männer an der Spitze, die sich schon durch ihre vulgäre, bösartige, menschenfeindliche Sprache offenbaren, bevor sie handeln, zu groß das Wohlstandsgefälle zwischen milliardenschweren Oligarchen und dem Volk.

Author: Michael Lindner


Published at: 2025-11-15 07:00:00

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