Der Komponist Olivier Messiaen hat diesen Zwiespalt erfahren, als er im Zweiten Weltkrieg bei Verdun von der deutschen Wehrmacht gefangen genommen wurde und zunächst auf freiem Feld kampierte, bevor er ins Kriegsgefangenenlager Stalag VIII A nach Görlitz verbracht wurde. Als der 2015 verstorbene Komponist und Regisseur Albrecht Goetze diese Musik zum ersten Mal hörte, zog es ihn sofort an den Ort ihrer Entstehung, ein längst verwildertes Ödland auf polnischer Seite der Neiße, das er zum „heiligen Ort“ erklärte und in kürzester Zeit mithilfe der ihm eigenen, ansteckend wirkenden Besessenheit als einen Ort des Gedenkens etablierte. Dass Messiaens Musik in nur zwei Programmpunkten erklang, war keinerlei Manko, denn sowohl ein Orgelkonzert als auch die „Poetische Federlese“, in der Lorenzo Soulès pianistisch brillant das „Vogelverzeichnis“ mit ornithologischer Lyrik unter anderem von Rückert, Hölderlin, Brecht und Bachmann verknüpft hat, setzten den gestern vor 33 Jahren verstorbenen Meister ins rechte Licht.
Author: Michael Ernst
Published at: 2025-04-27 17:16:49
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