Kamerun: Aufarbeitung mit Kalkül

Kamerun: Aufarbeitung mit Kalkül


Der Präsident der ehemaligen Kolonialmacht hatte bereits 2017 und 2021 versucht, Teile der historischen Wahrheit betreffend die französische Verantwortung im Algerienkrieg sowie beim Genozid in Ruanda im Jahr 1994 anzuerkennen, um die Kritik am französischen Post- und Neokolonialismus zu entschärfen. So fragt der Journalist Mickael Dorian bei dem französischen Hörfunksender Europe 1: »Brief von Emmanuel Macron an Kamerun: Ist Frankreich wieder einmal reumütig?« Dorian wählte dabei mit dem Wort »contrition« ein Synonym für die Vokabel »repentance«, mit der die Regierungsrechte unter dem damaligen Innenminister und späteren Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy vor nunmehr zwanzig Jahren eine heftige Kampagne gegen »nationalen Masochismus« und gegen jegliche Anerkennung von Kolonialverbrechen betrieben hatte. Der Autor kritisiert nicht nur, dass Macrons Wortwahl das Ausmaß der Massaker nur annähernd erahnen lässt, sondern auch den Adressaten des Briefs: »Der französische Staat lässt mitten im Sommerloch einen Brief durchsickern, den Macron persönlich an Paul Biya richtete – den Erben genau derer, (…) die Komplizen bei der Zerschlagung der demokratischen Nationalbewegung in Kamerun waren.«

Author: Bernard Schmid


Published at: 2025-08-17 17:39:18

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