Gesellschaft | Brääh! Brööh! Und Bumm! Wie Hightech-Drohnen das Schlachtfeld verändern

Gesellschaft | Brääh! Brööh! Und Bumm! Wie Hightech-Drohnen das Schlachtfeld verändern


Aus allen Richtungen kam plötzlich die Botschaft, dass Utopia wohl nah sein müsse, wenn es möglich sei, die Internetbestellung direkt auf die Dachterrasse geliefert zu bekommen und die Pizza an genau die Koordinaten, an denen man die Mittagspause verbringt – selbst wenn man sie nicht brav erwartet, sondern fröhlich weiterspaziert!Sodann lernten entsprechend Interessierte, dass diese Dinger tolle Bilder machten, erst von Snowboard-Klippensprüngen und später von sonnenbadenden Filmstars. Sodann sitzt man beim Henker auf dem Schoß und sieht, was FPV-Schlagdrohnen („First Person View“) wie etwa die nachgerüsteten iranischen Shaheds an diejenigen übermitteln, die bis zum Einschlag manuell nachsteuern können.Ästhetisch amalgamieren diese Kill-Clips jene unschuldigen Snowboard-Filme mit voyeuristischem Paparazzi-Material sowie Ego-Shooter-Optiken – und richten sie auf den Thrill des ganz realen, elenden Verreckens: Zu Soundtracks von Klassik über House bis Metal sitzt das Publikum mit am Hebel, wenn eine Sturmgruppe oder ein einzelner Soldat die Drohne bemerkt hat und verzweifelt hin und her flitzt, bis das Bild jäh abbricht, weil das Ding zugeschlagen hat.Dass es in dieser Bilderwelt sogar „Wohlfühlmomente“ gibt – vor einiger Zeit machte auf russischer Seite etwa ein Clip die Runde, in dem Passanten einer gemächlich durch die Straße fliegenden Drohne scheinbar entspannt zuwinken, bis sie um die Ecke ein unbemanntes Militärfahrzeug in die Luft jagt – verstärkt den Horror nur noch mehr.Drohnenkrieg von heute erinnert an Mad MaxAuf der ganz konkreten Ebene verdeutlichen diese schwer erträglichen Snuff-Videos aus dem Frontkampf, in welch überraschender Weise Hightech – vor allem eine stabile Echtzeit-Bewegtbildübertragung von kleinsten beweglichen Objekten aus – die konventionelle Kriegführung verändert hat: Nichts ist „sauberer“ geworden oder wenigstens unpersönlicher.Es herrscht ein neues, asymmetrisches Mann-gegen-Mann, Luft gegen Boden. Und seit sich Panzer zum Preis eines Mehrfamilienhauses mit Drohnen zum Preis eines Gebrauchtwagens lahmlegen lassen, bieten weniger technische Vorrichtungen Schutz, sondern Schnelligkeit und gute Verstecke – auch für die am Steuerknüppel, die keineswegs in sicherer Entfernung sitzen, sondern kurz hinter den Linien.Infanterie, Gräben, Schutznetze, Mopeds, bisweilen sogar Elektroroller oder schrottige Pkw, die irgendwo herumstehen – die hochentwickelte Technik in den inzwischen so billigen Kleinflugkörpern verschiebt die Staffage des Krieges einstweilen in eine merkwürdig neo-primitive Richtung.

Author: Velten Schäfer


Published at: 2025-09-28 10:00:00

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