Dieser Sog geht nicht vom Kino, sondern von der Realität aus: Im Oktober 1998 starb Tron unter bis heute nicht restlos aufgeklärten Umständen, aber nicht die Filmfigur, sondern ein 1972 geborener Berliner Hacker und Phreaker, der sich „Tron“ nannte, weil Lisbergers Film ihm einen Erzählrahmen für seine Kunststücke schenkte, ähnlich wie die „Illuminatus!“-Verschwörungs-Romantrilogie von Robert Anton Wilson und Bob Shea einem anderen deutschen Informatik-Outlaw, nämlich dem ebenfalls früh verstorbenen Karl Koch alias „Hagbard“. Aber die Firma Disney, die dabei abkassiert, hat nicht versäumt, auch auf ein paar Wohlfühlknöpfe des Endgeräte-Publikums zu drücken: Wenn der Film zum Beispiel zeigt, was aus Kevin Flynn geworden ist, und dass es dem in Schwarz, Lila, Gelb und anderen New-Wave-Tönen gehaltenen Raster-Ambiente des Originalfilms gut geht, quietschen die Herzen der Alt-Fans wie die Seelen greiser Hunde, die aus der Nachbarwohnung eine Debussy-Klaviermelodie klimpern hören, an die sie sich noch aus der Zeit erinnern, als sie Welpen waren. Wer etwas von Physik versteht, soll nicht hochnäsig fragen, woher das Rohmaterial für die Vergegenständlichung von Datenströmen im Film kommt und wie sich das mit dem Satz von der Erhaltung der Energie verträgt, sondern „Information-Powered Engines“ (2024) von Tushar Kanti Saha lesen; willkommen im Wahnsinn.
Author: Dietmar Dath
Published at: 2025-10-07 15:59:38
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