Faschismus | Naomi Klein: Wie ich von den Surrealisten lernte, was es heißt, antifaschistisch zu sein

Faschismus | Naomi Klein: Wie ich von den Surrealisten lernte, was es heißt, antifaschistisch zu sein


Am bekanntesten ist die Beschreibung des martinikanischen Autors Aimé Césaire, der den Nationalsozialismus als „Bumerang“ oder Rückschlag der in den Kolonien angewandten Ideologien des Rassismus und Methoden der Auslöschung bezeichnete, die nun in die Metropole zurückkehrten.Die unheimliche Verwandtschaft von Imperalismus und FaschismusDa es nie zu einer sinnvollen Aufarbeitung der kolonialen Gräueltaten gekommen war, wurde die Kontinuität zwischen Imperialismus und heimischem Faschismus von den Europäern weitgehend übersehen, als die Tropenhelme durch Waffen-SS-Mützen ersetzt wurden. Aber im Gegensatz zu den von ihm verabscheuten „bürgerlichen Parteien“, die über die Trümmer der Vergangenheit und Gegenwart hinwegblickten und eine Zukunftsvision malten, die bloß „ein schlechtes Gedicht über den Frühling“ war, waren die Surrealisten bereit, in den Abgrund der sogenannten Zivilisation zu blicken, sie waren bereit, dem „Pessimismus auf ganzer Linie“ zuzustimmen und trotzdem dieser Dunkelheit eine Poetik des revolutionären Wandels abzutrotzen.Diese Alchemie kam im Herbst 2024 voll zur Geltung, als das Centre Pompidou in Paris die Ausstellung Surréalisme veranstaltete, die anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der Veröffentlichung von André Bretons Manifest des Surrealismus gezeigt wurde. Shalhoub-Kevorkian verwendete das arabische Wort ashlaa’, um „verstreute Körperteile und zerstückelte Fleisch- und Knochenreste“ zu bezeichnen, und erklärte: „Indem wir unsere Aufmerksamkeit auf das Beharren der Bewohner Gazas richten, von ashlaa’ zu sprechen, können wir die gewaltsame Zerstückelung von Körpern besser verstehen, angesichts des kolonisierten Lebens und der Liebe, die von Staatsterror Zeugnis ablegen.“Als ich durch die Ausstellungsräume lief und immer mehr surrealistische Arbeiten von Künstlern aus Lateinamerika, der Karibik und den USA sah, wurde mir klar, dass die Bereitschaft, das Monströse zu betrachten, auch der Grund dafür war, warum sich der Surrealismus so leicht in Teilen der Welt verbreitete, die von staatlicher und imperialer Gewalt heimgesucht waren.

Author: Naomi Klein


Published at: 2025-12-22 14:00:00

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