Essayistik: Aus dem Abseits

Essayistik: Aus dem Abseits


Pohrt spießte hier den Nationalismus eines Teils der Friedensbewegung auf, der den Protest gegen die Stationierung neuer Mittelstreckenraketen zum »Überlebenskampf eines Volkes gegen die ihm zugedachte physische Vernichtung« stilisierte – worin er ein wiederkehrendes Motiv der deutschen Rechten erblickte. Diese heute in der Konsequenz neuen Rechten, die ihr Superdeutschtum kaschieren, mussten ausblenden, dass Pohrt während der 1980er keineswegs ein Palästinenserhasser war und man bei ihm lesen konnte, dass der Antisemitismus, weil er stets mit den Mächtigen ist, dem mächtigen Staat Israel nicht schaden könne (»Der Täter als Bewährungshelfer«, 1982). Heute, da einige ehemalige »Antideutsche« Antisemitismusbeauftragte oder Welt-Autoren sind und jeden Holocaustvergleich, der nicht der westlich-deutschen Staatsräson dient, kriminalisieren, müssten sie bei der erneuten Pohrt-Lektüre stutzig werden: »Weder als ungewisse, bedrohliche Möglichkeit für alle noch als Realität für die Verfolgten in Chile, Argentinien und anderen Staaten, zu denen die BRD gute Beziehungen unterhält, hat das KZ aufgehört zu existieren.« Pohrt versuchte in den späten 1970ern und frühen 1980ern, den Impetus des theoriegeleiteten SDS-Antiimperialismus zu bewahren und attackierte deshalb dessen Verflachung zu Antiamerikanismus und moralinsaurer Sentimentalität.

Author: Gerhard Hanloser


Published at: 2025-07-16 17:38:54

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