Die Ostergeschichte nach Richard Yates

Die Ostergeschichte nach Richard Yates


In Richard Yates’ Roman „The Easter Parade“ (1976) ist es ein April im Zweiten Weltkrieg, als die Grimes-Schwestern auf ihre jeweilige Weise an der Parade teilnehmen: Sarah, die Ältere und Hübschere, im Arm ihres Freunds Tony, den sie bald heiraten wird, und Emily, die Jüngere und weniger Hübsche, am Fenster der Wohnung ihrer Mutter, durch die Vorhänge blinzelnd. „Über Ostern“, schreibt Yates, „liehen Sarahs Arbeitgeber ihr ein teures Kleid aus schwerer Seide, angeblich ein Modell der Kleider, wie sie aristokratische Chinesinnen vor dem Krieg getragen hatten, und einen dicht geflochtenen Strohhut mit breiter Krempe.“ Die Fotografen der „New York Times“ sind begeistert von dem jungen Paar, am nächsten Tag erscheinen die Bilder in der Tiefdruckbeilage: „Die Kamera hatte Sarah und Tony eingefangen, als sie sich im Aprilsonnenschein wie die Verkörperung romantischer Liebe anlächelten, in ihrem Rücken waren Bäume und gerade noch eine Ecke des Plaza Hotels zu erkennen.“ Der erste Satz des Romans hatte es schon angekündigt: „Keine der Grimes-Schwestern sollte im Leben glücklich werden, und rückblickend schien es stets, dass die Probleme mit der Scheidung ihrer Eltern begonnen hatten.“ Das klingt ein wenig nach Tolstoi oder nach Tschechow, und obwohl Yates natürlich Amerikaner ist – 1926 in Yonkers, New York, geboren und 1992 in Alabama gestorben –, ist man damit auf der richtigen Fährte.

Author: Jan Küveler


Published at: 2025-04-20 09:41:05

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