Sie waren beide geboren aus Ueberraschung und Angst aus der Verwirrung des Augenblicks, aus der Rat- und Grundsatzlosigkeit einer Menge, die immer denen nachläuft, die eine Fahne tragen und den Erfolg für sich buchen; sie waren beide ein Produkt der Verhältnisse, eine riesenhafte Anschwemmung von Treibholz, das einer Bucht zustrebte, die es auffangen konnte, waren beide gestützt auf majestätische Versprechungen, lebten beide „nach Lage der Dinge“ und gaben beide die alten Gesichtspunkte, gefärbt, vergrößert und umbenannt, für neue Prinzipien aus. Sie haben keine Gedanken, die über die von gestern hinauswiesen; keine Strenge des Wortes, die in einem so oft getäuschten Volke Glauben und Vertrauen wecken könnte; keine kompromißlos programmatische Treue, die sich an den auftauchenden Fragen bewährte (diese noch am ehesten bei den Kommunisten und Sozialdemokraten); keine mutige Klarheit der Persönlichkeit, die für Gegenwart und Zukunft, statt bestenfalls aus der Vergangenheit heraus, lebendiges Vorbild wäre, gelebter Beweis für die Freiheit, das Recht und die Menschlichkeit, die in unverbrüchlicher Dreieinigkeit jedem demokratischen Gesetz an die Stirn geschrieben sein müssen. General Eisenhower faßt die Stimmung des Volkes sehr klar zusammen: „Weite Kreise der Bevölkerung glauben, daß die Parteien und die Führer, die heute in den Vordergrund treten, weitgehend die gleichen sind, die seinerzeit unfähig waren, die Probleme der Weimarer Republik zu lösen oder die Machtergreifung durch Hitler zu verhindern, und daß diese Personen wenig zu bieten haben, was konstruktiv erscheinen könnte.“
Author: Der Tagesspiegel
Published at: 2025-12-04 18:06:32
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