Christoph Butterwegge: Warum wir jetzt alle gegen Hochrüstung demonstrieren sollten

Christoph Butterwegge: Warum wir jetzt alle gegen Hochrüstung demonstrieren sollten


Er allein?“ Nötig wäre eine Analyse der Entstehungsgeschichte des Konflikts, der Gesellschaftsstruktur in den unmittelbar beteiligten Ländern, der internationalen Machtverhältnisse sowie der Interessen und Militärstrategien aller beteiligten Staaten, auch der NATO und ihrer Führungsmacht.Mit dem Tolstoi-Thema „Krieg und Frieden“ konfrontiert wurde ich als Kind oder Jugendlicher insofern, als meine Großmutter zwar nie vom Zweiten, aber umso häufiger vom Dritten Weltkrieg sprach: „Wenn wir nicht aufrüsten“, warnte sie, „steht der Russe bald am Rhein“.So wurde im Westdeutschland der 1950er-Jahre, das sich nicht gern an die NS-Zeit erinnern ließ, die Remilitarisierung gerechtfertigt, der die SPD – damals noch Volkspartei – entgegentrat, wenn auch nicht konsequent genug.Die deutsche Öffentlichkeit ist völlig geschichtsvergessenBis heute steht am Rhein, wo ich lebe, weit und breit kein russischer Soldat, aber NATO-Truppen an der russischen Westgrenze und eine offensivfähige Panzerbrigade der Bundeswehr in Litauen, wenige Kilometer vor Kaliningrad. Als TV-Dauergäste müssen sie bloß auf die „veränderte Sicherheitslage“, „Putins imperialistische Machtgier“ sowie „die Abwendung der USA von Europa und der NATO“ hinweisen, um in den Redaktionen mit der Forderung nach Aufrüstung in beliebiger Dimension auf offene Ohren zu stoßen.Dabei geben nicht nur die USA laut dem Friedensforschungsinstitut SIPRI zehnmal so viel für Rüstung aus wie Russland. Beim NATO-Doppelbeschluss, der die Ankündigung einer atomaren „Nachrüstung“ immerhin mit einer radikalen Abrüstungsforderung gegenüber der UdSSR verband, gab es wenigstens noch den offiziellen Beschluss einer Sondersitzung der Außen- und Verteidigungsminister des Bündnisses.Zulauf erhielt die Friedensbewegung gegen Pershing II und Cruise Missiles seinerzeit, als bekannt wurde, dass im Umfeld der US-Administration Fantasien grassierten, man könne „dem sowjetischen Huhn den Kopf abschlagen“.

Author: Christoph Butterwegge


Published at: 2025-09-08 14:09:00

Still want to read the full version? Full article