AntiMilitarismus: Das Falsche im Richtigen

AntiMilitarismus: Das Falsche im Richtigen


Unter Verweis darauf, dass die USA ökonomisch am meisten vom Ersten Weltkrieg profitierte, »folgert« er beispielsweise: »Dass der maßgebliche ökonomische Profiteur des Ersten Weltkriegs ein Staat war, der mit dem Kriegsausbruch nichts zu tun hatte, lässt Lenins Theorie der zum Krieg treibenden Profitinteressen mehr als alt erscheinen.« Das ist als Argument gegen etwaige ökonomische Interessen und Kriegsgründe der anderen Mächte jedoch ungefähr so sinnvoll wie zu behaupten, ein Kapitalist, der ein Risikogeschäft ein- und mit Verlust herausgeht, könne seine Investition nicht aus Profitgründen getätigt haben. Die Lenin-Kritik wirkt merkwürdig deplaziert, ist aber eine Konsequenz aus Nymoens Staatsverständnis: »Staaten sind zuallererst einmal nichts weiter als Gewaltapparate.« Aus der formalen Bestimmung leitet er eine grundsätzliche Gleichheit ab: »In ihrem totalitären Anspruch – dass das Leben des einzelnen weniger gilt als die politische Souveränität der Herrschenden – sind angreifende und verteidigende, demokratische und diktatorische Staaten sich völlig gleich.« Daraus entspringt dann auch die in der Öffentlichkeit besonders heftig diskutierte These Nymoens, dass es für die in einem Staat X lebenden Menschen besser wäre, sich ohne Gegenwehr von Staat Y erobern zu lassen: »Wer das eigene Leben höher schätzt als die Frage, von wem er regiert wird, der wird genauso opportunistisch handeln; und für den kann die Kapitulation der eigenen Staatsmacht ein echter Sieg sein, da sie ihm das Leben rettet.« Wie oberflächlich und sinnlos es aber ist, die Staaten allein nach dem formalen Kriterium des Gewaltmonopols zu beurteilen, demonstriert Nymoen selbst, indem er bei jedem Blick in die konkrete Geschichte dann doch Unterschiede feststellen muss: »Je nachdem, welcher Herrscher in das eigene Land einmarschiert, können die Konsequenzen sehr unterschiedlich sein: Heißt er Napoleon, dann können sogar Verbesserungen des eigenen Lebens und Modernisierungen des Staatswesens die Folge sein.

Author: Marc Püschel


Published at: 2025-06-29 17:35:44

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